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Wie begaffte Nutten in den Schaufenstern

Knut Koch berichtet für homo.net von der Frankfurter Buchmesse 2017

Niemals wollte ich mir das antun, eine Buchmesse jedes Jahr mit „Millionen“ Neuerscheinungen. Man kann sich dort als Autor doch nur entmutigt aus dem Fenster stürzen! Bis ich nun dazu verführt wurde mich im eigenen Stand und eigenem Verlag zu präsentieren - nicht unähnlich der Situation von begafften Nutten in den Schaufenstern von Hamburgs Herbertstraße...

  Knut Koch im Schaufenster  

Am Ende war es dann aber doch sehr amüsant, wenn auch enorm anstrengend, täglich 9 – 18:30! Zudem hatte ich meine kleine Bude in Halle 3.1 in Nachbarschaft zu hoch seriösen Verlagen, ich sogar exakt gegenüber dem Stand der ZEIT, wohin sich Literatur-Stars zu Interviews bitten ließen! Manche Passanten übersahen mich Zwerg einfach, vielen fiel ich gerade als Winzling auf, und am einzigen Verkaufs-Tag hatte ich reichlich zu tun meine besondere Art der Signierung zu bewältigen (siehe Fidefix.com)

Mir jedoch andere Hallen und die erdrückende Masse von Büchern anzusehen war keine Verlockung. Dennoch besuchte ich am Tag des offiziell angekündigten Sekt-Empfangs den Stand des schwulen Querverlags um mich dem Verleger-Kollegen Jim Baker vorzustellen, denn ich habe ein neues schwules Buch in Arbeit. Es entsteht aus „Barfuß als Prinz“ und verbindet sich mit einer besonderen Ambition. Nicht nur hatte mir dieser Erfolg seinerzeit die erste erfüllte Liebe meines Lebens geschenkt, zum 24 Jahre jüngeren Cellisten Christoph Philipp, der nach zwölf Jahren neununddreißigjährig tragisch an einem ums Herz herum wuchernden Krebs starb, ich habe mich nun auch entschlossen, diese Liebe in einem Buch zu erzählen, um darin einen Ort von symbolischem Wert zu beschreiben.

Wir lebten in der Bretagne in unserem Haus an der Baie de Douarnenez, dort gibt es die romantische „île de Tristan“ in symbolischer Verehrung der Liebe von „Tristan und Isolde“. Ich habe an dieser Bucht auf einer naturgeschützten Anhöhe mit panoramaweitem Blick über den Atlantik einen sechstausend Quadratmeter großen Garten angelegt, ihn deklariert als „jardin à la mémoire de Christoph Philipp“, denn zu seinem Gedenken findet dort nahebei jährlich das Concert Christoph statt, von ihm begründet und seither fortgesetzt bereits zum siebzehnten Mal. Und der Bürgermeister hat akzeptiert auch nach meinem Tod diesen Garten zu unterhalten, es wird dort auch mein Grab sein. Also eine romantisch schwule „île d’amour“.

Ich fand es an der Zeit, dass auch wir einen solchen Ort verdienen. Mein neues Buch will offen und durchaus politisch dafür werben. Wir sollen uns nicht mehr verstecken. Ich hatte die Ehre in einer Anthologie als einer unter achtzehn Autoren über schwule Heimat zu schreiben, dieses Buch hatte den Titel „Ein Ort überall“. Nun biete ich uns als Ort einen Garten auf ewige Jahre. Denn er ist angelegt in einem Naturschutzgebiet, wird also niemals Bauland sein und wird schon jetzt -ohne mein Zutun- besichtigt als Teil wöchentlich geführter Wanderungen in diesem Natur-Park.

Davon wollte ich Jim Baker nun gern erzählen. Er war jedoch mit Sekt-Ausschank voll beschäftigt, so vereinbarte ich, ihn am nächsten Tag zu besuchen. Da war es dann ruhiger und wir hätten Zeit gehabt für ein offen interessiertes Gespräch unter Kollegen. Er beharrte jedoch ohne mich anzuhören darauf, dass er mir nichts versprechen könne, jeder Autor müsse bei ihnen ein Manuskript einreichen, das intern mit seinen Partnern zunächst diskutiert werde.

Amüsiert sagte ich: „Ich suche gar keinen Verlag.“
Drauf er: „Und warum reden wir dann miteinander?“
Drauf gab ich ihm spontan die Hand und verabschiedete mich.

Es blieb mein einziger Kontakt zu Profis auf dieser massiven Frankfurter Buch-Messe 2017. Ungleich erfreulicher waren die zahlreichen Gespräche mit offen interessierten Besuchern. So ermutigend, dass ich mich im nächsten Jahr wohl ein weiteres Mal dort ins Fenster setzen werde!

Mehr über Knut Koch kannst Du hier erfahren: www.knutkoch.com