Lysis
- Sokrates erzählt -
von Platon
B. Hauptteil: 4.
a) Nur das weder Gute noch Böse kann dem Guten freund sein
Laß uns aber auch dieses noch sehen: verbirgt sich uns auch nicht die Freundschaft noch mehr, und ist nichts von dem allen, sondern es wird nur so etwa das weder gut noch böse dem Guten freund.
Wie, sagte er, meinst du?
Ja, beim Zeus, sprach ich, ich weiß es nicht, sondern ich bin in der Tat selbst schwindlich von der Verwirrung der Sache; und so wird wohl am Ende nach dem alten Sprichwort das Schöne das Liebe sein. Wenigstens läßt dieses sich an wie etwas gar weiches, glattes, schlüpfriges. Darum auch vielleicht entschlüpft es uns so leicht und entkommt uns, weil es so geartet ist. Ich meine nämlich das Gute sei schön. Meinst du nicht auch?
Ich ebenfalls.
Ich meine also nur gleichsam ahnend, daß dem Schönen und Guten das weder gut noch böse freund ist. In welcher Beziehung aber ich dieses ahne, das höre. Ich denke mir nämlich dieses als drei verschiedene Gattungen, erst das Gute, dann das Böse, dann das weder gut noch böse. Wie du?
Auch ich, sagte er.
Und daß weder das Gute dem Guten, noch auch das Böse dem Bösen, noch auch das Gute dem Bösen freund ist, wie auch die bisherige Rede nicht zuläßt. Also bleibt, wenn nämlich etwas einem freund sein soll, nur übrig, daß das weder gut noch böse freund sein kann entweder dem Guten oder solchem wie es selbst ist. Denn dem Bösen kann doch nichts freund sein.
Richtig.
Aber auch nicht das Ähnliche dem Ähnlichen, sagten wir vorhin. Nicht wahr?
Ja.
Also kann auch nicht dem weder gut noch bösen dasjenige freund sein, was eben so ist?
Nein wie man sieht.
Es folgt also, daß allein das weder gut noch böse dem Guten allein kann freund werden.
Notwendig, wie es das Ansehn hat.