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Lysis

- Sokrates erzählt -

von Platon

 

B. Hauptteil: 3. Überprüfung der Ansichten der Dichter und Philosophen

b) Können die Guten einander freund sein?

Auch mir, sprach ich; wiewohl eines verdrießt mich daran. Komm also und um Zeus willen, laß uns betrachten was ich zu sehen glaube. Der Ähnliche ist dem Ähnlichen, sofern er ähnlich ist, freund; und ist ein solcher einem solchen auch nützlich. Oder vielmehr so: Jedes Ähnliche, welchen Nutzen kann es jedem Ähnlichen wohl bringen oder welchen Schaden ihm zufügen, den es nicht auch sich selbst täte? Oder überhaupt, was ihm antun, was nicht auch jedes sich selbst antun könnte? Solche Dinge also, wie können sie Anhänglichkeit an einander haben, da sie einander gar keine Hülfe gewähren? Kann es irgendwie sein?

Es kann gar nicht sein.

Und ohne Abhänglichkeit, wie kann etwas freund sein?

Auf keine Weise.

Allein so ist zwar der Ähnliche dem Ähnlichen nicht freund, wohl aber könnte der Gute dem Guten, sofern er gut, nicht sofern er ähnlich ist, freund sein?

Vielleicht.

Wie aber? wird nicht der Gute, in wiefern er gut ist, in sofern auch sich selbst genügen?

Ja.

Der aber sich selbst genügt bedarf keines Andern, soweit dieses Genügen geht?

Wie sollte er?

Der aber keines bedarf, wird auch keinem anhängen?

Freilich nicht.

Der aber keinem anhängt, wird auch keinen lieben?

Nicht füglich.

Und der nicht liebt, ist doch wohl nicht freund?

Nein, offenbar.

Wie also können uns nur überall Gute mit Guten freund werden, welche weder in der Abwesenheit sich nach einander sehnen, denn sie genügen Jeder sich selbst auch einzeln, noch auch vereinigt irgend Nutzen von einander haben? Wie ist zu bewerkstelligen, daß solche einander sehr wert seien?

Auf keine Art, sagte er.

Freunde aber können sie doch nicht sein, wenn sie einander nicht sehr wert sind.

Das ist richtig.

 

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