Einen Moment...
Kleine Aromas zum kleinen Preis von

Jans Blog abonnieren

Wenn Du Jans Blog wöchentlich lesen möchtest, kannst Du ihn hier abonnieren. Wir schicken Dir dann den homo.net Newsletter mit Jans Blog wöchentlich zu.


 

Homo-Heiler in den Knast

homo.net Info vom 7. Mai 2020
von Webmaster Jan

 

Heute im Deutschen Bundestag verkündete Katrin Helling-Plahr (34, FDP) „Sex darf Spaß machen.“ Und ihr Kollege Dr. Karl-Heinz Brunner (67, SPD) brachte seine (fast) alle ansteckende Freude zum Ausdruck über ein epochales Ereignis, auch wenn er und andere noch ein paar Härchen in der Suppe fanden: Mit den Stimmen der beiden Regierungsparteien und der FDP wurde mit großer Mehrheit das neue, tolle Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen angenommen.

Nur die AfD hat erwartungsgemäß dagegen gestimmt. Robby Schlund (53, AfD) begründete das für seine Partei damit, dass für ihn Familien aus Mama, Papa und Kind bestünden und Homosexualität eine prostituierende Zurschaustellung sei. Einfach widerlich.

Bis vor 25 Jahren galt Homosexualität als Krankheit. Erst 1992 hat die Weltgesundheitsorganisation Homosexualität aus ihrem Diagnosekatalog gestrichen. Schon seit 2013 fordern die Grünen ein Verbot der Homo-Heilung. Heute haben sie sich, zusammen mit den Linken, der Stimme enthalten. Auch das Europäische Parlament befürwortete im März 2018 parteiübergreifend, Therapien zur Heilung von Homosexualität gesetzlich zu verbieten.

Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld und vor fast zwei Jahren eine auch von homo.net unterstützte Petition an Gesundheitsminister Jens Spahn (39, CDU) brachten den Ball endgültig ins Rollen. Heute hat der den Ball sicher ins Tor gebracht.

Den Grünen geht das Gesetz nicht weit genug. Sie wollten mehr und forderten schon im Februar 2019 zusätzliche Öffentlichkeitsarbeit und etliche weitere Maßnahmen gegen Homo-Heiler und deren Vereine.

Nach Malta ist Deutschland erst das zweite europäische Land, das heute Konversionsbehandlungen nicht nur verbietet sondern auch unter Strafe stellt. Deshalb kann ich die Kritik des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD) am neuen Gesetz nicht nachvollziehen. Der Verband wollte tatsächlich die Annahme des Gesetzes verhindern. Er wehrte sich gegen das Wort Konversionsbehandlung statt Konversionstherapie, da der Begriff Behandlung positiv besetzt sei. Wie bitte? Die beiden Wörter sind (fast) Synonym, also gleichbedeutend und austauschbar.

Wenn für ein Gesetz ein deutscher Begriff einem altgriechischen Fremdwort vorgezogen wird, ist das eher erfreulich. Und wenn mir der Arzt in wenigen Sekunden einen Splitter aus dem Finger zieht, würde ich das nie eine Therapie nennen, wohl aber eine Behandlung. Das Verbot der Durchführung von Konversionsbehandlungen setzt solchen also selbst bei geringsten Versuchen einen Riegel vor. Im wahrsten Sinne des Wortes, da hinfort Homo-Heiler auch mit Freiheitsstrafen bedroht werden. Schon der Versuch ist strafbar.

Die LSVD-Kritik, dass Eltern von dieser Strafvorschrift ausdrücklich ausgenommen werden, kann ich erst recht nicht nachvollziehen. Nie vergessen werde ich den Abend, an dem meine Eltern vom Sohn über dessen homosexuelle Neigungen aufgeklärt wurden. Die Mutter heulte wie sonst nie in ihrem Leben und der Vater ersäufte seine Verzweiflung in einer ganzen Flasche Whisky. Mutter war am nächsten Morgen wieder trocken, aber der Vater haderte noch viele, viele Jahre, durchaus mit Druck auf seinen Nachkommen zu seiner lebenslang geprägten Normalität zurückzukehren. Wollt ihr ihn dafür wirklich ins Gefängnis stecken?

Der LSVD steht nicht alleine mit der Kritik, dass es jetzt nur untersagt sei, „eine Konversionsbehandlung an einer Person durchzuführen, die unter 18 Jahre alt ist.“ Sie wollen das Verbot auch auf Erwachsene bis mindestens 26 oder 27 Jahren ausgedehnt sehen. Da wäre das Parlament schlecht beraten. Denn über 18 kann und darf der Bürger in Deutschland glücklicherweise selber entscheiden, was er will und was nicht. Und ihn schützt das generelle „Verbot der Werbung, des Anbietens und des Vermittelns“.

Hier ist es an der Zeit, den Ausschüssen des Bundestages ein großes Lob zu spenden. Denn der Gesundheitsausschuss hat in letzter Minute den Gesetzentwurf wesentlich verändert und das Wort „öffentlich“ gestrichen. Erst sollte nur öffentliches Werben, Anbieten oder Vermitteln verboten werden. DAS hätte das Gesetz nachhaltig verwässert.

Jetzt heißt es ohne weitere Ausnahmen kurz, knapp und eindeutig: „Es ist untersagt, für eine Konversionsbehandlung zu werben oder diese anzubieten oder zu vermitteln.“ 18 Wörter weniger, da auch die Ausnahmen entfallen. Alle anderen Ausschüsse haben sich dieser Änderung angeschlossen. Wow, was für ein Gesetz!

Herzlichen Glückwunsch,
Jan
Webmaster
vom homo.net Team

  Schicke Deine Meinung zu diesem Blog an  

Weitere Blogs