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Brasiliens lange Weg

homo.net Info vom 3. November 2022
von Webmaster Jan

 

Demokratie hat es schwer, wenn ultrarechte Populisten Wahlen verlieren. Erst drei Tage nach der Wahl in Brasilien gibt sich Präsident Jair Bolsonaro (67) geschlagen. Seine Fans wollen es weiterhin anders und legen landesweit den Verkehr lahm.

Wahlsieger Lula da Silva (77) tritt mit hauchdünner Mehrheit ein schweres Amt an, ein ziemlich genau halb und halb geteiltes Land zu einen. Korrupt oder nicht, ein Tweet bringt die aktuelle Stimmung im Land auf den Punkt: „Lula ist gewiss nicht die Tür zum Paradies, aber der Ausweg aus der Hölle.“

In Brasilien leiden derzeit nicht nur Arme, Schwarze, Frauen, Kinder und der Regenwald, sondern insbesondere schwule Männer. Rechtlich sind Brasiliens Schwule ziemlich gut aufgestellt. Seit 2011 gibt es die eingetragene Partnerschaft, seit 2013 die Ehe für Alle. Schwule und lesbische Paare dürfen Kinder adoptieren. Transpersonen können ihr Geschlecht im Pass ändern. Die Regierung war an all dem kaum beteiligt. Durchgesetzt haben es die Gerichte des Landes. Ein schönes Beispiel, wie wichtig funktionierende Gewaltenteilung in einer Demokratie ist.

Doch seit 2019 gibt es Bolsonaro. Der sagte schon 2005 im Parlament: „Wir wollen keine passiven oder aktiven Homosexuellen in dieser Regierung.“ Schwule bezeichnet er entweder als Müll oder Dreck oder als Halunken, Schurken, Feiglinge, Dummköpfe, Schufte und Vagabunden.

Die linke Arbeiterpartei (PT) und die Partei für Sozialismus und Freiheit (PSOL) verballhornt er als Solidaritäts- und Homoaffektivitätspartei. Der prominenteste Vertreter der PSOL, Jean Wyllys (48), war seit 2011 im Parlament und das einzige offen schwul lebende Mitglieder der Abgeordnetenkammer.

Dieser wirklich schöne Mann mit langem Haar und vollem Bart wurde von Anfang an von Bolsonaro attackiert. Nicht selten wurde dabei auf seine sexuelle Orientierung hingewiesen, etwa durch offensichtliche Anspielungen auf Analsex, sogar im Rahmen von Kongressreden. Selbst vor Beschimpfungen wie „gehender Arsch und brennendes Schraubengewinde“ schreckten seine Gegner nicht zurück.

Wegen zahlreicher Morddrohungen stand Wyllys bereits unter Polizeischutz, nachdem eine Parteifreundin im März 2018 zusammen mit ihrem Fahrer auf offener Straße erschossen worden war. Kurz nach Bolsonaros Amtsantritt im Januar 2019 gab Wyllys sein Mandat auf - es wäre das dritte in Folge gewesen - und verließ Brasilien. Sein Leben war nicht mehr sicher.

Für Bolsonaro ist unsere Art zu lieben ein Fehlverhalten und die Familie hetero. Eltern hätten die Pflicht, ihre Kinder zur Heterosexualität zu erziehen, gegebenenfalls auch mit Ohrfeigen und Prügel. 2010 führte er dazu im Abgeordnetenhaus aus: „Wenn ein Junge in jungen Jahren ein Fehlverhalten hat (sprich: schwul ist), sollte er auf den richtigen Weg gelenkt werden und sei es mit ein paar Schlägen.“

Ein Gesetz zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor „körperlicher Züchtigung, grausame oder erniedrigende Behandlung“ lehnte er ab. „Es ist nicht Sache des Staates, sich in Handlungen der Familien einzumischen, einem Vater vorzuschreiben, wie er sein Kind erziehen sollte oder nicht.“ Kinder und Schwule haben für ihn keine Rechte: „Familie ist Mann und Frau, der Rest ist Müll!“ Tags drauf rechtfertigte er sich in einem Blogpost: „Ich habe nie gepredigt, Homosexuelle zu verprügeln. Aber ich verteidige die Familie.“

Sein Playboy Interview vom 29. Juni 2011 ging um die Welt und wird noch heute häufig kurz und knapp zitiert. Hier die vollständige Antwort auf die Frage des Playboys: „Wenn Ihr Sohn, egal wie sehr Sie ihn schlagen, homosexuell wird, was würden Sie tun?“

Bolsonaro: „Ich sage, es gibt bestimmte Dinge, die sind wie der Tod. Es würde mich im Herz schmerzen, es würde mich traurig machen und ich denke, er würde mich in einem solchen Fall verlassen. Für mich ist es der Tod. Ich sage weiter: Mir ist lieber, er stirbt bei einem Unfall, als dass er sich mit einem Schnurrbart zeigst. Für mich ist er dann gestorben.“ „Schnurrbart“ ist eines seiner vielen unsäglichen Synonyme für schwule Männer.

Bolsonaro wurde nach langem Rechtsstreit 2015 für seine schwulenfeindlichen Äußerungen in einer TV-Sendung zur Zahlung von 150.000 Reais (ca. 46.000 Euro) verurteilt, aufgrund verursachter moralische Schäden.

In fast hundert Parlamentsreden, etlichen Dutzend Ausschusssitzungen und unzähligen öffentlichen Reden hat Bolsonaro schwule Männer verunglimpft, beleidigt und bedroht. Die Wunden, die er der schwulen Bewegung zugefügt hat, werden viele Jahre brauchen, um zu verheilen. Fast die halbe Wählerschaft des Landes hat noch immer für ihn gestimmt. Sie alle tragen seine schwulenfeindliche Propaganda im Herzen und werden sie nicht so schnell vergessen.

Aber es gibt wieder Hoffnung für Kinder, Frauen, Schwule und last, not least den Regenwald des Amazonas.

Es wird ein langer Weg zurück
Jan
Webmaster
vom homo.net Team

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