Alles, alles mit Regenbogen
homo.net Info vom 15. Juni 2023
von Webmaster Jan
Vor 1660 durften im professionellen elisabethanischen Theater keine Frauen auftreten. Ob Romeo und Julia sich liebten, König Lear seine Lieblingstochter Cordelia verbannte oder Desdemona von Othello gemeuchelt wurde, immer spielten zwei Männer die Szenen, einer davon „DRessed As Girl“, was William Shakespeare (1564 - 1616) in seinen Regieanweisungen kurz Drag nannte.
Was für Männer völlig normal war, das Tragen von Frauenkleidern, war Frauen noch lange verwehrt. Erst 1901 wurde die kaiserlich und königliche Kleiderordnung in Österreich offiziell abgeschafft. Seither dürfen Frauen auch in Österreich in der Öffentlichkeit Hosen tragen.
Bis letztes Jahr durften auch Männer in München unangefochten Frauenkleider tragen, wenn sie Kindern öffentlich vorlasen. Dieses Jahr ist Landtagswahlkampf in Bayern. Da versuchen sich CSU und AfD in ihrer Empörung über Vorleser in Drag zu übertrumpfen.
So fand die alljährliche Lesung der Münchner Drag Queens für Kinder diesmal begleitet von Protesten statt, die allerdings eher bescheiden ausfielen. Entgegen den Befürchtungen der Bild-Zeitung waren die „Damen“ vollständig züchtig verhüllt, keusch und hochgeschlossen. Sie fielen eher durch übergroße Kopfbedeckungen als durch „große Titten“ auf. Dank AfD, CSU und ein paar Protestanten wurden sie in diesem Jahr ins Rampenlicht gezerrt und zur Top-Nachricht des Tages.
Die Parteien am äußert rechten Rand liegen mit ihren Wahlkampfthemen gewaltig daneben, wenn sie schwule Mücken zu rosa Elefanten aufblasen und damit Schlagzeilen machen. Plan International wollte wissen, wie junge Männer zwischen 18 und 35 Jahren in Deutschland so ticken. Für rund die Hälfte der 1.000 Befragten gehört die Frau nach wie vor an den Herd. Sie stören sich auch daran, wenn Männer ihre Homosexualität in der Öffentlichkeit zeigen.
Dagegen helfen nicht weniger, sondern noch viel, viel mehr öffentliche Auftritte, bis Schwule und Frauen endlich so gleichberechtigt sind, dass es keinerlei Rolle mehr spielt, wer einen Rock trägt und wer die Hosen an hat.
Wenn Homophobie zum Wahlkampfthema gemacht wird, ist das genauso ein Missbrauch von LGBT wie das Verpacken irgendwelcher beliebiger Waren in Regenbogenfarben zum Pride-Monat Juni. Die Liste der Firmen, die nur im Juni Regenbogenartikel anbieten, wird von Jahr zu Jahr länger: Essen, Trinken, Autos, Schuhe, Stahl, Benzin, Strom, die Auswahl der Artikel ist beliebig, aber eines haben sie alle gemeinsam: Sie haben nichts, aber auch gar nichts mit uns Schwulen zu tun.
Es geht nicht um unsere Gleichberechtigung, es geht ausschließlich ums Geschäft. Die Bundeswehr wirbt mit Regenbogen, Frontex, die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache, bewacht im Juni die Außengrenzen des Schengen-Raums in Regenbogenfarben. „Wir schieben zwar ab, das aber mit Stolz?“ Wirklich nicht, wir sind ausdrücklich nicht stolz auf Abschieber und Abschieberinnen in schwulenfeindliche Herkunftsländer.
Wild, schwul, frech und gut recherchiert, bringt es Jan Böhmermann (42) zu Beginn seines ZDF-Magazins Royal auf den Punkt. So unterhaltsam kann Gesellschaftskritik sein. Seine Wirkung ist kaum zu übersehen. Im Hauptthema der Sendung deckt er die Machenschaften des Ticketanbieters Eventim auf. Die Aktie des Unternehmens stürzte daraufhin gewaltig ab. Mögen die schwulen Aktien steigen.
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Stolz schwul zu sein
Jan
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