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Weniger ist oft mehr

homo.net Info vom 13. Juli 2023
von Webmaster Jan

 

Nach meinem letzten Newsletter über die Aufweichung der Antidiskriminierungsgesetze durch den Obersten Gerichtshof der USA wurde ich mit der ethischen Frage konfrontiert, ob ich bereit wäre, z.B. für die AfD, islamische Fundamentalisten oder homophobe Christen eine Webseite zu gestalten. Kaum werde ich in die Verlegenheit kommen, diese Frage praktisch beantworten zu müssen.

Darf ein gemischtes Paar in eine Lederkneipe? Wer will jahrelang vor Gericht ziehen, weil ein engstirniger christlicher Bäcker keine schwule Torte backen will? Der Bäcker um die Ecke freut sich über das Zusatzgeschäft.

Trotzdem fordert die österreichische Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) diese Woche ein Levelling-up der Rechte für LGBTQIA+, ausdrücklich und gerade weil der Pride-Monat Juni vorbei ist. Denn nach wie vor haben homo- und bisexuelle Menschen in Österreich keine rechtliche Handhabe, wenn sie etwa aus einem Café oder einem Taxi geworfen werden.

Nun bin ich zwar kein Jurist, aber ich bezweifle, dass heterosexuelle Menschen in den genannten Fällen eine rechtliche Handhabe haben, die homo- und bisexuellen Menschen nicht zur Verfügung steht.

Die Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) sieht das anders. Sie drängt auf rasches Handeln: „Es ist von großer Bedeutung, dass der Rechtsstaat den Schutz vor der Würdeverletzung - die etwa mit einer Einlassverweigerung einhergeht - über die unternehmerische Freiheit stellt.“ Die GAW wacht über die Einhaltung des Gleichbehandlungsgesetzes (GIBG).

Das GIBG regelt seit 2004 die Gleichbehandlung am Arbeitsplatz in Österreich. Es gilt für Männer und Frauen, Ethnie (Volk, Stamm, Volkszugehörigkeit), Alter, Religion, Weltanschauung und sexuelle Orientierung. Man hätte auch einfach „alle“ schreiben können, zumal in dieser unvollständigen Aufzählung jeder bereits sechsmal erwähnt wird, wenn man Atheismus als Religion und Nihilismus als Weltanschauung akzeptiert.

Doch so einfach ist die Sache mit der Gleichbehandlung nicht. Schon innerhalb der GAW gibt es keinerlei Gleichberechtigung. Das Team besteht zu 100 Prozent aus älteren weißen Frauen, die alle ziemlich österreichisch aussehen.

Die Bewertung menschlichen Handelns ist eine komplizierte Sache. Die Ethik schafft dafür die Voraussetzungen. Aristoteles (384 - 322 v. Chr.) begründete die Ethik als eigenständige philosophische Disziplin. Marcus Tullius Cicero (106 - 43 v. Chr.) übersetzte Ethik mit Moral. Georg Büchner (1813 - 1837) stellte in seinem Fragment Woyzeck fest: „Moral, das ist, wenn man moralisch ist.“

Wie jede normale Behörde sorgt auch die Gleichbehandlungsanwaltschaft an erster Stelle für sich selber. Sie will wachsen, mehr Aufgaben, mehr Personal. Deshalb fordert sie jetzt die rasche Umsetzung des „Levelling-up“. Damit meint sie den Schutz vor Diskriminierung aufgrund der Sexualität im privaten Bereich.

Gut, dass das in einer ausführlichen Pressemitteilung erklärt wird, denn dem Begriff „Levelling-up“ hätten wir das nicht entnehmen können. In vielen englischen Wörterbüchern sucht man das Wort vergeblich. Der Anglizismus ist somit großartig gewählt, um zu verschleiern, was frau genau meint und fordert.

Auf Deutsch bedeutet „levelling-up“ Anhebung, Aufstockung und Nivellierung aber auch Gleichmacherei und Gleichschaltung. Keine der Übersetzungen macht wirklich glücklich. Denn Gleichberechtigung ist keinesfalls gemeint.

Gegner des „Levelling-up“ argumentieren, dass es z.B. einem Gastwirt freigestellt sein sollte, wen er bedienen will und wen nicht. Das klingt überzeugend. Wer will schon, dass Männer mit ihren Freundinnen ausgerechnet in Lederkneipen zum Flirten einkehren oder Frauen in Schwulensaunen abhängen?

Handlungsbedarf sieht die GAW über die sexuelle Orientierung hinaus, wenn es um den Diskriminierungsschutz von LGBTQIA+ Personen geht. Nachdem aus LGBT bereits LGBTQIA+ geworden ist, fordert die Behörde weiter, dass „Geschlecht“ künftig auch als Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck und Geschlechtsmerkmale definiert wird.

Die Rechtsprechung hat längst klargestellt, dass der Diskriminierungsgrund „Geschlecht“ eine rechtliche Grundlage für den Schutz von Trans bietet. Das reicht der GAW nicht, denn ihre TeamOhneGlieder haben neben Jura auch Gender studiert. Frau kann gar nicht genug Schubladen erfinden, in die wir die Gesellschaft noch kleinteiliger einteilen. Denn je mehr Kleinteile eine Gesellschaft hat, desto mehr Gleichberechtigung können wir für all diese kleinen Teile fordern und desto mehr Personal für die Überwachungsbehörde.

Die von der Behörde unterstützte Petition #SchutzFürAlle könnte es so einfach machen. Mann müsste sie nur umbenennen: #SchütztAlleÜberall und die Sache wäre erledigt.

Ich bremse auch für Heteros
Jan
Webmaster
vom homo.net Team

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