Kein Kanzler, der Sch(w)ule hasst
homo.net Info vom 30. Januar 2025
von Webmaster Jan
„Ich bin schwul - und das ist auch gut so!“ Mit diesem Satz wurde Klaus Wowereit (71, SPD) 2001 international berühmt. Eine Woche später wählten ihn die Berliner zu ihrem Regierenden Bürgermeister.
Kanzlerkandidat Friedrich Merz (69, CDU) war zu diesem Zeitpunkt noch Fraktionschef der CDU/CSU. In einem Interview fragte ihn die Illustrierte Bunte: „Deutschlands Hauptstadt wird von einem Schwulen regiert. Finden Sie das auch so gut wie Bürgermeister Klaus Wowereit?“ Und Fritze Merz antwortete homophob: „Solange er sich mir nicht nähert, ist mir das egal.“ Kurz zuvor hatte er bei der Abstimmung über die Vergewaltigung in der Ehe gegen die Gesetzesänderung gestimmt.
Zum Thema Cannabis sagt Merz bis heute, dass er gegen eine Legalisierung sei und die bestehende Legalisierung von Cannabis wieder abschaffen werde. Auch das vor drei Monaten in Kraft getretene Selbstbestimmungsgesetz will er wieder abschaffen. Es ersetzt das völlig veraltete Transsexuellengesetz von 1980 und bringt wesentliche Verbesserungen für transsexuelle, intersexuelle und nicht-binäre Menschen.
Viele seiner Äußerungen zeichnen das Bild eines Mannes, der sich schon immer gegen gesellschaftlichen Fortschritt gewehrt hat. Man merkt es ihm an, dass er zu vielen Themen eine kontroverse, polarisierende Meinung hat. Und dass er immer wieder zurückrudert, wenn er darauf angesprochen wird.
In seiner Jugend war das anders. Er rebellierte gegen die Werte seines katholischen Elternhauses und die Regeln seines alten, konservativen Gymnasiums. Mit 13 trug er schulterlange Haare, fing heimlich an zu rauchen und zu trinken und traf sich mit seinen Freunden - statt in die Schule zu gehen - am Imbiss um die Ecke zu Zigaretten, Bier und Schnaps.
Ein Rebell gegen das Spießbürgertum wurde er trotzdem nicht. Er war nicht links, nicht für Weltoffenheit, freie Liebe und andere linke Ideale. Viele junge Leute waren begeistert von der Studentenbewegung, den legendären 68ern. Friedrich Merz nicht. Er hielt die Hippies schon damals für Spinner.
Was den Jungen Friedrich besonders störte, war die viel zu linke Politik des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt (1913 - 1992, SPD). Dieser setzte sich vor allem für zwei Dinge ein, die damals heftig umstritten waren: Er lockerte das Scheidungsrecht, so dass Ehen erstmals ohne die Klärung der Schuldfrage geschieden werden konnten, und er setzte sich für die weitere Entkriminalisierung der Homosexualität ein.
Homosexuelle Handlungen zwischen Männern waren seit 1871 strafbar. Der berüchtigte Paragraph 175 stammte also noch aus der Kaiserzeit und wurde von den Nazis massiv verschärft.
Willy Brandt löste mit seinen liberalen Sozialgesetzen bei den Konservativen große Skandale aus. Fritze Merz ärgerte sich so sehr über Brand, dass er aus Protest in die CDU eintrat. Aus dem rebellischen Teenager war ein junger Mann geworden, der Angst vor der linken Weltveränderung hatte. Statt Gleichberechtigung von Mann und Frau, Abkehr vom klassisch-traditionellen Familienbild und freier Liebe auch unter Männern wollte er, dass alles beim Alten bleibt.
Der damalige Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Alfred Dregger (1920 - 2002, CDU) und der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß (1915 - 1988, CSU) waren zu dieser Zeit die großen Vorbilder von Friedrich Merz. Dregger sprach immer wieder davon, dass der Mann in der Ehe die absolute Macht haben müsse. In der Frau sah er die „Hüterin des Hauses“. Homosexualität war für Dregger ein gesellschaftliches Problem, das seiner Meinung nach weiterhin unter Strafe gestellt werden sollte.
Das gefiel Friedrich Merz - und das ist nicht gut so.
Andere Wählen wäre eine Lösung
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