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40 Jahre und ein bisschen weiser

homo.net Info vom 10. Juni 2021
von Webmaster Jan

 

Vor 40 Jahren, am 5. Juni 1981, berichtete das US-Zentrum für Krankheitskontrolle erstmals über eine neue Krankheit mit massiven Störungen der Immunabwehr. Fünf junge Homosexuelle waren mit Lungenentzündung in Krankenhäuser von Los Angeles eingeliefert worden. Zwei der Patienten starben. Einen Monat später wurde bei 41 schwulen Männern in New York ein ungewöhnlicher Hautkrebs, das Kaposi-Sarkom, diagnostiziert. Acht der Patienten waren innerhalb von zwei Jahren tot.

Damit begann die Geschichte von HIV und AIDS. Anfänglich wurde die neue Krankheit als GRID (Gay Related Immune Disease) bezeichnet. Man glaubte fälschlicherweise, dass nur homosexuelle Männer betroffen seien. Dass Kaposi-Sarkome wenig später auch bei Kindern und Frauen festgestellt wurden, wird in der Geschichte gerne unterschlagen. Es ist dem schwulen Biologen und Forscher Bruce Voeller (1934 - 1994) zu verdanken, dass der stigmatisierende Begriff GRID in AIDS umbenannt wurde. Der Forscher und LGBT Aktivist war auch der Erste, der nachweisen konnte, dass Kondome vor der Übertragung des Virus schützen können.

Mitte der 80er-Jahre begannen die ersten Therapieversuche mit Azidothymidin (AZT). Das Medikament war 1964 zur Krebstherapie entwickelt worden. Es musste in sehr hohen Dosen verabreicht werden. Viele Patienten starben an den Nebenwirkungen.

1996 wurde die Anti-Retrovirale-Therapie (ART) vorgestellt. Seither ist AIDS kein Todesurteil mehr. Ihre Wirksamkeit wurde in unzähligen Studien und Praxisanwendungen bestätigt. Die Lebenserwartung und Lebensqualität von HIV-Positiven ist damit nicht mehr eingeschränkt. Nebenwirkungen kommen kaum noch vor, sind meist harmlos und verschwinden nach wenigen Tagen.

Die ART sorgt nicht nur dafür, dass das Virus unter der Nachweisgrenze im eigenen Körper keinen Schaden mehr anrichtet, sondern dass eine Übertragung auf andere Menschen nicht mehr möglich ist. Dieser „Schutz durch Behandlung“ gilt in vielen Gesundheitssystemen als wichtiger Beitrag die HIV-Weiterverbreitung zu stoppen.

In Deutschland sind mittlerweile mehr als 97 % der mit HIV infizierten Menschen erfolgreich behandelt. Medizinisch gesehen ist HIV damit eine chronische Infektion wie viele andere auch. Noch immer ist sie unheilbar. Nach aktuellem Forschungsstand muss eine Anti-Retrovirale-Therapie lebenslang möglichst unterbrechungsfrei eingenommen werden, bei ein bis drei Pillen pro Tag allerdings wohl kaum noch eine wirklich belastende Behandlung.

Trotzdem leben auch nach 40 Jahre noch immer viele HIV-Positive in der Angst vor Ausgrenzung. „Stigma und Diskriminierung sind eine der Ursachen dafür, dass die HIV-Pandemie weltweit nach 40 Jahren noch nicht zu Ende ist“, sagt der Virologe und AIDS-Forscher Hendrik Streeck (43). Schon in seiner Dissertation 2007 beschäftigte er sich mit dem Einfluss einer Frühtherapie auf den Verlauf einer HIV-Erkrankung.

Er spricht von einem traurigen Meilenstein. „Wir könnten die Pandemie viel besser eindämmen, als es der Fall ist.“ In vielen Ländern müssten Menschen, die mit HIV infiziert sind oder ein erhöhtes Ansteckungsrisiko haben, im Verborgenen leben. Viele ließen sich aus Angst und Sorge vor den Folgen nicht testen, oder es gebe kaum Testmöglichkeiten, stellt Streeck fest. „So gibt es derzeit noch zu viele Infizierte, die das Virus weitergeben können.“ In Osteuropa und in Ländern wie Ägypten, Sudan und Pakistan oder in Westafrika steige die Zahl der Neuinfektionen weiterhin an.

Auch nach 40 Jahren ist ein Impfstoff gegen das HI-Virus nicht in Sicht. Das Virus mutiert zu schnell. Schon nach wenigen Wochen entwickeln sich in jedem Infizierten etliche Varianten. Da hat ein Impfstoff keine Chance. Wenn HIV einmal im Körper ist, bekommt man es nicht mehr raus. Mit Medikamenten kann es aber vollständig unterdrückt werden. Deshalb müssen alle Menschen lernen, dass von behandelten HIV-Positiven keinerlei Gefahr mehr ausgeht.

Seit Beginn der Epidemie haben sich über 77 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert. Fast 35 Millionen Opfer sind durch AIDS gestorben. Die Vereinten Nationen wollen die Pandemie bis 2030 beenden. Aber die Weltgemeinschaft droht zu scheitern.

Derzeit tagt die 5. UN-AIDS-Konferenz in New York: „Alle bis 2020 gesteckten Ziele sind verfehlt worden. Die Zeit wird knapp, um AIDS bis 2030 zu beenden“, heißt es in dem Bericht zur Eröffnung. Das ist ein Notzustand. Etwa 1,5 Millionen Menschen infizierten sich 2020 neu mit dem HI-Virus. Eigentlich sollte die Zahl unter 500 000 gedrückt werden. Damit steigen auch auf Jahrzehnte hinaus die Kosten, um die AIDS-Pandemie zu beenden, weil Infizierte lebenslang Medikamente brauchen.

Inzwischen gibt es wirksame Vorbeugung. Sie wird PrEP genannt und verhindert bei regelmäßiger täglicher Einnahme nur einer Pille sicher eine HIV-Infektion. Auch PEP, die „Pille danach“, gibt es bereits. In vielen Ländern sind diese hochwirksamen Medikamente rezeptfrei verfügbar. In Deutschland natürlich nicht, denn eine ärztliche Begleitung der Vorsorge ist allemal anzuraten. Sie wird seit 2019 von den Krankenkassen bezahlt.

Wer sich nicht testen lässt, handelt unverantwortlich. Ist der Test positiv, sollte man die ART sofort beginnen.

Auch in Deutschland sind noch immer zu viele Menschen ungetestet. Nicht erkannte Positive geben das Virus bedenkenlos weiter. Könnte niemand mehr in Deutschland ohne Testnachweis zum Friseur oder ins Kaufhaus gehen, wäre die HIV-Pandemie in wenigen Monaten vorbei.

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Jan
Webmaster
vom homo.net Team

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