Gecruised, gecruiset oder gecruist?
homo.net Info vom 29. August 2024
von Webmaster Jan
Denglisch für Fortgeschrittene: Gestern Nachmittag habe ich im Stadtpark „gecruised“. Für den englisch Gebildeten sieht das völlig korrekt aus, während derjenige, der nur Deutsch gelernt hat, eher zu „gecruist“ greifen würde, wenn es um die Partizipbildung einer unserer liebsten Freizeitbeschäftigung geht.
Beide Pluralbildungen sind seit letztem Monat offiziell korrekt. Die Formen zu vermischen, geht hingegen nicht. Wer nachmittags im Stadtpark gecruiset hat, hat es zumindest grammatikalisch falsch gemacht.
Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat das „Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung“ aktualisiert. Das macht der seit 20 Jahren in unregelmäßigen Abständen alle paar Jahre offiziell.
Schüler und Behörden müssen sich dem Diktat des Rates ab sofort beim Beugen der Wörter beugen. Alle anderen können sich daran halten, aber natürlich auch weiterhin reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, und schreiben, wie ersiees es willen. Den Kainer kan mich dadran verhindern, zu schreiben, waß und wie es mier gefählt.
Mit der massenhaften Verbreitung der unsozialen Medien waren neue verbindliche Regeln für die Flexionsendungen der inflationären Anglizismen überfällig geworden. Die Version 2024 des 348 Seiten starken Regelwerks hat sich deshalb verstärkt mit der modernen Sprache, wie sie von den unsozialen Medien geprägt wird, auseinandergesetzt.
Bei den verbindlichen Regeln für die Bildung von Partizipien, um auszudrücken, dass man etwas getan hat, waren die Bürokraten eher liberal: „In einigen Fällen ist neben der deutschen Endung auch die der Herkunftssprache entsprechende Flexionsendung zulässig.“ Man kann also am Nachmittag im Park gecruist, aber auch gecruised haben.
Wenn das Partizip dekliniert wird, ist der Rat strenger. Nur eine deutsche Endung ist hier eine richtige Endung. Alle Endungen der Herkunftssprache sind in diesen Fällen ab sofort falsch. Arme Schüler, wieder zigtausend mehr Möglichkeiten, Rechtschreibfehler zu sammeln. „Der gecruisede Nachmittag“ mag noch so schön gewesen sein, grammatikalisch ist er ab sofort falsch und muss „der gecruiste Nachmittag“ heißen.
Die Zeit des gecruisten Nachmittags haben wir tadellos verbracht, dem gecruisten Nachmittag huldigen wir richtig gerne und an den gecruisten Nachmittag erinnern wir uns auch grammatikalisch einwandfrei.
Callboy, Playboy und Cowboy sind längst deutsche Wörter. Daddy und Daddys sind jetzt auch deutsch. Aber den Boy sucht man noch immer vergeblich. Auch cock gibt es nur als Cocktail und Cockpit und cum nur als Cum-Ex und cum laude. Darkroom und Deep Throat sind nach wie vor keine deutschen Wörter, oral kommt weiterhin nur in amoralisch vor.
Das recht neue und umstrittene „queer (nicht heterosexuell), aber quer (schräg)“ hat es dagegen bereits in den offiziellen deutschen Wortschatz geschafft, während das schon viel, viel länger verbreitete „Gay“ noch immer kein Bestandteil unserer schönen Muttersprache ist.
Coming-out und Comingout passen nun beide, während die Drag-Queen und die Drag Queen nur noch als Dragqueen normgerecht ist.
https://HomoLex.com/dragqueen.html
Bevorzugt gay, nicht queer
Jan
Webmaster
vom homo.net Team