Einen Moment...

Lachen ist nicht immer gesund

homo.net Info vom 13. Februar 2020
von Webmaster Jan

 

Die Stadt Zürich nimmt es sehr ernst mit der Aufklärung ihrer Jugend. Zürich hat eine eigene Fachstelle für Sexualpädagogik und Beratung. Diese betreibt die wunderbare Webseite „Lust und Frust“.

Das führte in der Vergangenheit zu Lust und Frust im Gemeinderat der Stadt. Die rechtspopulistische Schweizerische Volkspartei (SPV) ist derzeit die stärkste Partei der Schweiz. Bei der jährlichen Finanzdebatte mokierte sich ihr Gemeinderat Daniel Regli über die Kosten der Beratungsstelle. Zu teuer sei ihm deren Aufklärung insbesondere zum Thema Dildo. Auf der Webseite ist nicht nur ein entsprechendes Gummispielzeug sondern auch eine Möhre und eine Zucchini zu sehen.

Abtreibungsgegner Regli redet sich regelrecht in Rage. Die Kinder würden etwas über die Missionarsstellung erfahren, ebenso würden die Pille danach und Abtreibungen thematisiert.

Dann kommt der konservative Christ Regli auf Analsex zu sprechen. Zunächst stört ihn, dass im Kompendium der Fachstelle darauf hingewiesen wird, dass in der Antike vaginaler und analer Geschlechtsverkehr gleichbedeutend waren: „Ist das kinder- und jugendkompatibel?“, fragt er entsetzt. Von dort ist es dann nur noch ein kurzer Weg bis zur Beschimpfung und Verunglimpfung der Homosexualität.

Regli regt sich auf: Zu diesem Thema unterschlage die Fachstelle „die kritischen Punkte“, etwa die Suizidalität bei Homosexuellen oder die Sexsucht. Dann erreicht sein Votum, immer wieder von Gelächter und Zwischenrufen seiner Ratskollegen unterbrochen, seinen fragwürdigen Höhepunkt: „Sie finden nichts darüber, dass sich promiske (sic) Homosexuelle zwischen 30 und 40 das Leben nehmen, weil der Analmuskel nicht mehr hält, was er verspricht.“ Der Saal bricht in schallendes Gelächter aus.

Darauf entschuldigte sich SP-Gemeinderat Alan David Sangines zuerst bei den Eltern, welche mit ihren Kindern auf der Zuschauertribüne im Zürcher Rathaus der Sitzung beiwohnen: „Ich glaube, ihr müsst euren Kindern heute ganz viele Begriffe erklären.“ Dann spricht er die Kleinen direkt an: „Liebe Kinder, das passiert, wenn man keine Aufklärung hatte in der Schule: Dann kommt man zu diesem Weltbild.“ Das Gelächter ist dieses Mal noch lauter als bei Reglis Hasstiraden.

Seit Sonntag hätte seine Rede auch ein rechtliches Nachspiel. Bis zu drei Jahre Haft oder Geldstrafe erwarten den Hetzer gegen Homosexualität jetzt.

Die Schweizer stimmten mit 63% der Stimmen für einen stärkeren Schutz von Homosexuellen. Regierung und Parlament hatten die Reform des Strafgesetzbuches bereits verabschiedet. Aber ein Bündnis mehrerer konservativer Gruppen, darunter die Jungpartei der SVP und die rechte, christliche Partei EDU, sammelten Unterschriften gegen die Reform und konnten so eine Volksabstimmung durchsetzen. Sie argumentierten: Die Neuerung komme einem Zensurgesetz gleich, das „wissenschaftlich und weltanschaulich begründete Kritik an sexuellen Orientierungen“ unmöglich mache.

Vor allem im Hinblick auf die noch immer anstehenden politischen Diskussionen über die Einführung der „Ehe für alle“ in der Schweiz sei zu befürchten, dass sich Teile der Bevölkerung aus Angst vor Strafverfolgung nicht mehr frei äußern würden.

Erstaunlicherweise hatte sich im Abstimmungskampf auch ein Nein-Komitee aus schwul-lesbischen Gegnern der Reform gebildet. Deren Hauptkritik war, dass die Neuerung ihnen ein Sonderrecht einräumen würde, das echter Gleichstellung im Weg stünde.

Künftig macht sich also in der Schweiz strafbar, wer öffentlich zu Hass und Diskriminierung aufruft und Homosexuelle pauschal beleidigt und herabwürdigt. Bislang konnten nur solche Beleidigungen geahndet werden, die sich gegen eine konkrete Person oder Personengruppe richteten. Wer jedoch öffentlich gegen Homosexuelle als Gruppe hetzte, blieb straffrei.

Das Bundesgericht verhandelte 2010 einen solchen Fall. Die Urheber der homophoben Äußerung konnten nicht verurteilt werden, weil es sich eben nicht um Diskriminierung wegen „Rasse, Ethnie oder Religion“ handelte. Daraufhin machten sich Sozialdemokraten daran, diese Lücke zu schließen. Ende 2018 bereits stimmten beide Parlamentskammern deutlich dafür. Auch die Schweizer Regierung, der Bundesrat, sprach sich für die Ausweitung des entsprechenden Artikels im Strafgesetzbuch auf das Kriterium der sexuellen Orientierung aus.

Alle wichtigen Parteien außer der SVP, der stärksten Partei im Parlament, haben nun das neue Gesetz unterstützt. Es verbietet, Menschen in der Öffentlichkeit wegen ihrer sexuellen Orientierung zu diskriminieren oder zum Hass gegen sie in Text, Sprache, Bildern oder Gesten aufzustacheln. Bei einer Verurteilung drohen nun eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Homophobe Äußerungen im Familien- oder Freundeskreis würden weiterhin nicht bestraft. Auch kontroverse Debatten über Themen wie die Homo-Ehe wären nach wie vor möglich, stellte die Regierung klar.

Hier hätte Daniel Regli sich bestens vorher informieren sollen, weil es ihm sonst ja offensichtlich niemand beigebracht hat:

http://homo.net/news/24-dinge-die-du-unbedingt-wissen-must.html

Doch, doch, auch Schwulenwitze sind laut Schweizer Regierung noch immer erlaubt in der Schweiz:

Kommt ein Schwuler in der Schweiz… Aber davon ein andermal.

LOL, wenn es nicht so traurig wäre,
Jan
Webmaster
vom homo.net Team

  Schicke Deine Meinung zu diesem Blog an  

Weitere Blogs