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Homophobie in der Truppe

homo.net Info vom 11. April 2019
von Webmaster Jan

 

Es war einmal ein Deutscher General. Wir schreiben das Jahr 1983. Günter Kießling wird von Verteidigungsminister Manfred Wörner unehrenhaft entlassen. Über Nacht abserviert. Mit Schimpf und Schande in den Ruhestand gedrängt. Nur weil er angeblich auf Männer steht. Er selber bestreitet das heftigst. Das Opfer wehrt sich. Es sucht die Öffentlichkeit. Es kommt zur Affäre.

Der Minister unternimmt samt des militärischen Abschirmdienstes alles, um dem armen General doch noch irgendwelche Männer unterzujubeln. Die Kölner Stricherszene wird so akribisch durchsucht wie wohl seit Hitlers Zeiten nicht mehr. Ein zwielichtiger Schwulenaktivist wird aus der Schweiz eingeflogen und dem Minister als Zeuge zugeführt.

Die Affäre Kießling hat sich genauso zugetragen: Ein General ist nicht verheiratet. Bei irgendwelchen Bundeswehr Saufereien entsteht das Gerücht, er sei schwul. Damals, in Zeiten des kalten Krieges, ein höchstrangiger Erpressungsgrund durch die Ostblock Geheimdienste. Mit Manfred Wörner erleben wir einen Verteidigungsminister, der an diesem Thema einen neurotischen Narren gefressen hat. Er lässt eine Horde von Untergebenen dilettantisch ermitteln.

Am Ende präsentiert das Kölner Boulevardblatt Express einen schwulen Soldaten als seinen Doppelgänger in der Kölner Homoszene. So bekommt Kießling dann doch noch seinen ehrenhaften Abschied.

Heiner Möllers, Oberstleutnant der Luftwaffe und Militärhistoriker, hat diesen Politthriller jetzt aufgeschrieben. Er beschreibt uns die Affäre Kießling mit kühler Nüchternheit. Mit schmerzlichen Zitaten aus den offiziellen Dokumenten. Mit Einblick in den Nachlass Kießlings, der am 28. August 2009 starb. Auch etliche seiner ehemalige Weggefährten kommen zu Wort. Das Buch unterschlägt nicht das Leiden des Günter Kießling. Schließlich hatten von seinen alten Kameraden kaum welche zu ihm gestanden.

Kießling sagte später: „Ich bin nicht hasserfüllt, aber nach wie vor tief enttäuscht, weil die politisch Verantwortlichen damals unter Missachtung rechtsstaatlicher Grundsätze gehandelt haben.“ Konsequenzen gab es für den Herrn Minister und seine Detektive keine.

Der alten Bundesrepublik wird mit der Affäre Kießling ein schmutziger Spiegel vorgehalten. Denkbar war dieser Skandal nur weil Homophobie gesellschaftsfähig war. Erst nach der Wiedervereinigung wurde 1994 der Paragraph 175 ersatzlos aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wurde.

Aber beim Bund galt weiterhin: Stillgestanden. Die Bundeswehr brauchte noch ein paar Jahre länger. Erst im Jahre 2000 wurde die truppeninterne Diskriminierung schwuler Soldaten beendet. Seitdem müssen etwaige Homophobe in Uniform mit disziplinarischen Folgen rechnen, wenn sie gegen schwule Kameraden hetzen.

Das Buch „Die Affäre Kießling“ von Heiner Möllers ist daher auch Pflichtlektüre für jeden, der wissen will, wie gut es uns heute geht. In Zeiten mit schwulen und lesbischen Ministern und Spitzenpolitikern ist Schwul sein sicherlich kein Erpressungsgrund mehr. Selbst die Hardcore Hete Trump schickte letztes Jahr Richard Grenell als Botschafter nach Berlin. Offen schwul lebend mit seinem Lebensgefährten Matt Lashey.

Na dann,
Jan
Webmaster
vom homo.net Team

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