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Wenn Homophobie voll schwul ist
homo.net Info vom 26. Mai 2022
von Webmaster Jan
Wenn in Katar in Kürze Fußball gespielt wird, dürfen Regenbogenfahnen mit ins Stadium. Was eigentlich völlig selbstverständlich sein sollte, wurde vom Veranstalter ausdrücklich zugesichert. Aber ob sie an den Türen nicht doch konfisziert werden, wissen wir erst nach der Weltmeisterschaft, wenn es zu spät ist, diese zu boykottieren. Bei der Bettensuche müssen Schwule trotz aller auch hier ausdrücklich zugesicherten Freizügigkeiten eher diskret mit ihrer sexuellen Orientierung umgehen. Sonst könnte es sein, dass sie in diesem fußballfreundlichen, homofeindlichen Land keine Herberge bekommen.
Selbst in den USA ist es in vielen Hotels noch immer selbstverständlich, wenn zwei Männer ein Zimmer mit Doppelbett gebucht haben, dass ein Zimmer mit zwei Einzelbetten auf sie wartet. Denn die Vorstellung, dass zwei Männer im gleichen Bett schlafen würden, finden viele Amis noch immer unakzeptabel wenn nicht unvorstellbar.
Der Erzbischof von Berlin, Heiner Koch (67), bat letzte Woche um Vergebung für die Homophobie in der Kirche. Homophobie sei eine „unheilvolle Traditionslinie“ in der katholischen Kirche. Problem erkannt, Problem gebannt? Weit gefehlt. Systemische und strukturelle Probleme innerhalb der katholischen Kirche verhindern nicht nur die Aufklärung von Straftaten ihrer Würdenträger, sondern auch jegliche Fachkompetenz in Sachen Sexualität. Wer sich aufgrund seines Amtes selber nie sexuell betätigen darf, sollte sich von der Seelsorge für menschliche Wesen fernhalten.
Menschliche Wesen sind immer auch sexuelle Wesen. Wem Sex aller Art vollständig verboten ist, dessen Krankheitsbild passt bald besser ins „Psychopathia Sexualis“ als in den Katechismusunterricht.
Erzbischof Koch versprach es zur Chefsache zu machen, wenn Mitarbeiter des Erzbistums wegen ihrer sexuellen Orientierung arbeitsrechtliche Konsequenzen drohten. Bislang sei ihm aber kein Fall bekannt. Na, dann ist ja alles gut. Wofür muss er sich dann noch entschuldigen? Vielleicht betet er noch für die armen Täter, die von den Opfern teuflisch verführt wurden. Und dann ist alles wieder gut.
Früher fanden Jugendliche alles tolle „geil“. Heute heißt das „porno“, das Gegenteil von „psycho“. An Sex denkt dabei niemand.
Ein Plakat verkündet: „Homophobie? Voll schwul!“. In der Jugendsprache wird derzeit „schwul“ massiv gehäuft als Gegenteil von „geil“ benutzt. Nicht nur Mitschüler, auch zu viele Hausaufgaben, graue Pullunder oder strenge Eltern können „schwul“ sein. Mit Homosexualität hat das nichts zu tun, wird damit auch gar nicht in Verbindung gebracht. Selbstverständlich ist dann auch Homophobie „voll schwul“. Die richtige Einstellung wird mit dem falschen Begriff gedankenlos und fatal kombiniert.
Vor Jahren war „du Wichser“ die größtmögliche Beleidigung auf den Schulhöfen der Grundschulen. Viele der Kinder hatten noch keine Ahnung, was Wichsen tatsächlich bedeutet. Sie lernten nur, dass das tierisch beleidigend ist. Fatal wurde das erst, als sie irgendwann erfuhren, dass das, was sie da unter der Bettdecke neuerdings machten „Wichsen“ heißt. Jetzt schließt sich der Kreis und ohne Katechismus und Keuschheitspredigt weiß der Bub, dass man das nicht macht. Jetzt nagt das schlechte Gewissen und er weiß nicht einmal warum und wo er das erlernt hat.
Nach Rechenmodellen des MIT (Massachusetts Institute of Technology in Cambridge) stand an der Spitze unser aller Stammbäume ein universeller Vorfahre, der vor etwa 2.300 Jahren lebte. Alle anderen Stämme davor und daneben sind ausgestorben. Unser erster Urahne hieß weder Adam noch Eva. Wenn es sie tatsächlich gab, lebten sie mindestens 7.700 Jahre früher und sind damit sicher ausgestorben.
Unser aller Stammbaum ist also etwa 92 Generationen lang. 86 Generationen nannten uns herabwürdigend Sodomiten, Hinterlader, Schwuchtel. Dann wurde 1868 der Begriff Homosexualität geprägt, ausgerechnet in der „Psychopathia Sexualis“. Das Kompendium beschreibt auf Deutsch „schwere Formen von sexuellen, antisozialen Persönlichkeitsstörungen“.
90 Generationen lang wurden Schwule verfolgt. Für die letzten zwei Generationen hat sich für viele einiges verbessert und für wenige vieles. Für niemanden wurde bis heute vollständige sexuelle Gleichberechtigung erreicht. Das wird vielleicht einigen unserer schwulen Urenkel gelingen.
Freuen wir uns über das unglaubliche Glück der ersten Generation anzugehören, die dank den 1960-er Jahren sexuelle Freiheiten in einem nie da gewesenen Ausmaß genießen dürfen.
Damit möglichst viele unserer Urenkel gleiche und einige gar bessere Freizügigkeit erleben, ist Homophobie nicht voll schwul, sondern wir sollen, ja müssen sie wie eine psychische Krankheit behandeln. Diese ist hoch ansteckend und in nicht seltenen Fällen noch immer tödlich für die Beteiligten.
Die meisten homophob Erkrankten sind heilbar. Geil.
Voll porno
Jan
Webmaster
vom homo.net Team