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Unheilvoller Schwulenhass
homo.net Info vom 14. Mai 2020
von Webmaster Jan
Vor 30 Jahren, am 17. Mai 1990, streicht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Homosexualität aus dem Diagnoseschlüssel der Krankheiten. Seit 2005 begehen wir deshalb an diesem Tag den „Internationalen Tag gegen Homophobie“ (IDAHO). 2009 kommt die Transphobie dazu, 2015 die Biphobie und seit 2016 auch die Interphobie. Jetzt begehen wir also am kommenden Sonntag den „International Day Against Homophobia, Biphobia, Interphobia and Transphobia“, kurz IDAHOBIT genannt.
Nun, „kurz“ ist vielleicht das etwas falsche Wort bei diesem gendernden Buchstabensalat. Besser wäre vielleicht „zu kurz“? Denn es fehlen noch das Sternchen und der Doppelpunkt. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Noch ist nicht aller Tage Abend. Und Gendern ist modern.
Ein doppelter Gedenktag in Deutschland, denn schon vor 1990 wurde bei vermutlich warmen Brüdern vom Volksmund spöttisch gefragt, ob sie am 17.5. Geburtstag hätten, in Anspielung auf § 175 des deutschen Strafgesetzbuches (StGB). Der Paragraf stellte schon im Kaiserreich, genauer seit dem 1. Januar 1872, sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts unter Strafe. Erst am 11. Juni 1994 wurde er ersatzlos und endgültig aus dem StGB gestrichen.
Unklar ist, wieso es dem WHO Diagnoseschlüssel folgend mindestens bis 17. Mai 1990 in Deutschland nicht nur erlaubt sondern sogar geboten war, angebliche Kranke strafrechtlich zu verfolgen. Inzwischen sind wir gesellschaftlich 30 Jahre weiter und seit letzter Woche ist es hierzulande endlich verboten, eine nie existierende Krankheit Namens Homosexualität zu behandeln.
Die meisten Länder der Erde sind noch nicht so weit. 70 Länder bestrafen gleichgeschlechtliche Liebe weiter hart, davon 10 mit dem Tode. Auch in Südkorea haben bei einer Pride Parade konservative „Christen“ demonstriert: „Homosexualität ist Sünde! Kehrt zurück zu Jesus!“ Jetzt kommt das böse Erwachen:
Südkorea hatte mit umfassenden Tests, rigoroser Rückverfolgung und drastischer Quarantäne die derzeitige Pandemie sehr erfolgreich bekämpft. Kaum begannen Lockerungen der drakonischen Maßnahmen, gab es einen dramatischen Rückfall, ausgerechnet in der Gay Szene von Seoul. Viele der Neuinfektionen fanden in Nachtclubs und Bars im schwulen Viertel der Hauptstadt statt.
Das ist besonders schrecklich in einem Land, in dem Diskriminierung von Schwulen noch immer weit verbreitet ist. In der vom Konfuzianismus geprägten koreanischen Gesellschaft steht die klassische Familie über allem. Ist sie in Harmonie, ist es auch das Dorf. Sind die Dörfer in Harmonie, ist es auch die Provinz… Und so weiter bis auch der Kosmos in Harmonie ist. Die ethische Pflicht, einen Sohn und Nachfolger zu zeugen, überstrahlt selbst andere Kardinaltugenden wie Menschlichkeit, Nächstenliebe, Anstand und Weisheit.
Deshalb verbergen viele Männer noch häufig ihre wahre Sexualität vor Freunden und Familie. Die Behörden fahnden jetzt nach 3.000 Personen, die möglicherweise infiziert sind. Viele Schwule haben aber vorsätzlich die Kontaktverfolgung vermieden, weil sie befürchten müssen, gegen ihren Willen geoutet zu werden. Sie haben Angst um ihre soziale Stellung, ihre Freunde, ihren Job.
Das nutzt ihnen derzeit wenig. Medien und Behörden sind brutal. Videos von schwulen Bars und Clubs werden gepostet, Kreditkarten ausgewertet, Cruising-Apps ausgespäht. Es wird sogar zu Spenden aufgerufen, „um diesem widerlichen Geschehen ein Ende zu setzen“. Die zweite Welle der Pandemie im Zusammenhang mit schwulen Bars führt in Südkorea zu einem schrecklichen Anstieg der Homophobie.
Dass Homophobie queere Menschen tiefer in den Schrank treibt, hat in Südkorea zu dem bösen Erwachen geführt, dass Homophobie Leben kosten kann. Ob dies zu einer Änderung der öffentlichen Meinung führen wird, bleibt abzuwarten.
Besorgt,
Jan
Webmaster
vom homo.net Team