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Große Koalition gegen Homophobie
homo.net Info vom 13. April 2023
von Webmaster Jan
Die EU-Kommission hat Klage gegen Ungarns Homophobie erhoben. Quasi in letzter Minute, am letzten Tag der Frist, haben Deutschland und Frankreich gemeinsam beschlossen, sich der Klage anzuschließen. EU-Kommission, EU-Parlament und 15 EU-Mitgliedsstaaten bilden eine starke Allianz im Kampf gegen Ungarns schwulenfeindliche Gesetzgebung.
Das fatale Gesetz wurde im Juni 2021 vom ungarischen Parlament um Ministerpräsident Viktor Orbán (59) beschlossen. Es verbietet nicht nur die Darstellung von Schwulen in der Öffentlichkeit, sondern auch die generelle Berichterstattung über LGBT-Themen in den Medien sowie an allen Orten, an denen sich Kinder aufhalten könnten. Da das fast überall ist, wurde unter dem Deckmäntelchen des Kinderschutzes gleichgeschlechtliches Leben vollständig aus der Öffentlichkeit verbannt sowie jedwede Nachricht darüber zu einer Straftat.
Auffallend deutlich hatte sich Ungarn mit diesem Horror-Gesetz an der russischen „Anti-GLBT-Propaganda“ aus dem Jahre 2013 orientiert.
Die EU-Kommission überwacht in ihrer Eigenschaft als „Hüterin der Verträge“ die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit in der EU. Sie hatte 2021 umgehend ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet: Das Gesetz verstoße gegen die Binnenmarktvorschriften, gegen Grundrechte von Personen, insbesondere von Schwulen, sowie gegen die Werte der Europäischen Union. Das Verfahren ist nicht nur wichtig, um das ungarische Gesetz aufzuheben, sondern auch um in anderen EU-Ländern wie Polen, Italien und Rumänien ähnliche Gesetzte zu verhindern.
Unsere Ampel-Regierung repräsentiert mit Rot, Gelb und Grün nur einen halben Regenbogen. Mal wieder wartete sie bis zur letzten Minute, statt sofort die ersten Initiativen der Beneluxländer zu unterstützen. Immerhin, Deutschland und Frankreich beteiligen sich jetzt gemeinsam: EU-Kommission und Parlament sowie 15 Staaten bilden die stärkste Allianz aller Zeiten für eine LGBT-Initiative gegen schwule Diskriminierung. Das Verfahren ist damit bahnbrechend weit über Europa hinaus.
Unmittelbar nach der Verkündung des Gesetzes 2021 gingen Ungarns Aktivisten auf die Barrikaden: Ein 10 Meter hohes Riesenherz in Regenbogenfahnen wehte über der ungarischen Hauptstadt Budapest. Amnesty International bekräftigte: „Wir werden keines unserer LGBT-Aufklärungsprogramme oder keine unserer Kampagnen wegen eines homophoben und transphoben Gesetzes ändern.“ Eine heftige politische Gegenreaktion fand damit ihren Anfang. Die Proteste gehen bis heute weiter.
Auch in Polen wurde 2020 der Wahlkampf mit anti schwuler Rhetorik geführt und gewonnen. Doch die zynischen homophoben Kampagnen waren auch ein Weckruf für viele Polen. Schon zwei Jahre später verzeichnete Polen eine bisher beispiellose Unterstützung für die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare; 64 Prozent der Polen sind inzwischen dafür.
Es scheint, als hätte die polnische Gesellschaft bei diesem Thema einen gewissen Konsens gefunden. Auch den Politikern scheint der gesellschaftliche Wandel nicht entgangen zu sein. Das Thema „LGBT-Ideologie“ ist jedenfalls aus dem strategischen Arsenal der Debatten verschwunden. Schon Wahlen im Herbst bringen möglicherweise die notwendige politischen Veränderung: Die beiden größten Oppositionsparteien wollen gleichgestellte Lebenspartnerschaften einführen, die Neue Linke sogar die Ehe für Alle.
Auch der polnische Papst ist nicht mehr unumstritten tabu. In einem aktuellen Fernsehbeitrag wird dem verstorbenen Papst Johannes Paul II. vorgeworfen, Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche Polens vertuscht zu haben. Die nationalkonservative Regierung ist erzürnt über den Bericht und viele Gläubige halten den ehemaligen Papst weiterhin für heilig. Die Lawine rollt trotzdem an.
Auch Uganda bringt die katholische Kirche in Wallungen, aber anders als erwartet. Über 70 % des Landes glaubt noch immer römisch-katholisch oder anglikanisch, obwohl auch hier die Anzahl der Gläubigen stark sinkt.
Das ugandische Parlament hat Ende März ein Gesetz vorgestellt, das einvernehmliche Homosexualität zwischen Erwachsenen mit bis zu 10 Jahren Gefängnis bestraft. Das Gesetz bedroht sogar jene mit Haft- oder hohen Geldstrafen, die gleichgeschlechtliche Beziehungen nicht melden. Schockierenderweise wurde die Gesetzesvorlage von fast allen der 389 anwesenden Abgeordneten unterstützt.
Homosexuellen, die sich „schwerer Vergehen“ schuldig machen, droht im schlimmsten Fall die Todesstrafe. Ausgerechnet bei der Bestimmung dieser „schweren Vergehen“ ist die Gesetzesvorlage so schwammig, dass eine weite, grausame Auslegung des Gesetzes ermöglicht wird.
Jetzt schaltete sich überraschend die Deutsche Bischofskonferenz in das Gesetzgebungsverfahren in Uganda ein und verurteilt das geplante Horror-Gesetz.
Der Essener Weihbischof Ludger Scheper (68) ist der Beauftragte für Queer-Pastoral der Deutschen Bischofskonferenz. Er verkündete letzten Donnerstag mit Blick auf Uganda: „Die Verfolgung Homosexueller muss aufhören. Die Menschenrechte gelten für alle.“
Recht so
Jan
Webmaster
vom homo.net Team